Montag, 27. August 2012

30. Int. Matterhornlauf

"Das verlorene Tal" oder "Die zertretene Sandburg"- so hätten mögliche Untertitel dieses Beitrags lauten können. Eine Sandburg ist an der Nordsee tatsächlich zertreten worden, allerdings ist das Beweisfoto verschollen. Verschollen ist offenbar ebenso ein Tal, womit auch über dasselbe wenig berichtet werden kann. Somit gehe ich über zum Bericht vom 30. (und letzten) Matterhornlauf.
Zum dritten Mal in diesem Jahr trudelte ich am letzten Augustwochenende in Zermatt ein- der Matterhornlauf rief mit seinen 1000 auf 12,5 km zu überwindenden Höhenmetern. Nach drei harten Trainingswochen hatte ich diesen Test-Wettkampf gewählt- zuungunsten des zeitgleich stattfindenen Kitzbüheler Hornlaufes oder des im Piemont ausgetragenen Challenge Stellina. Bereits im Vorjahr war ich den Matterhornlauf gelaufen - hier der betreffende Rennbericht- und wusste, dass die Strecke auf mich zugeschneidert ist.
An der Startlinie erblickte ich zwei Eritreer, aber auch Antonio Padua (er hatte mir bei seinem Neirivue-Moleson-Sieg im Juni vier Minuten abgenommen) und Martin Anthamatten, der heuer eine starke Berglauf-Saison zeigt. Da ich die beiden letzteren auf den letzten beiden steilen Kilometern stark einschätzte, war mein Plan simpel: auf den ersten 40 flotteren Rennminuten für Tempo zu sorgen. So startete ich recht schnell und bildete nach bereits zwei km mit McMullan und dem Eritreer Oqubit eine Dreier-Gruppe. Als McMullan langsamer wurde, übernahm ich das Kommando, zu meiner Überraschung attackierte Oqubit nach 10 Rennminuten in einer steilen Rampe- McMullan war bereits abgefallen und von Padua und Anthamatten geschluckt, ich selbst lief an zweiter Stelle und verlor Sekunde um Sekunde gegenüber Oqubit.
bei km 5 hatte ich knapp 10 sec Rückstand auf Oqubit (Foto: W. Stinn)
Ich fühlte mich gut - es herrschten frische, angenehme Temperaturen- und hielt das Tempo hoch, nach 40 Rennminuten hatte ich 30 sec Rückstand auf Oqubit und eine Minute Vorsprung auf Padua und Anthamatten. Ab km 10 ging es für einen guten km auf einen Bergpfad, ich verlor etwa zehn Sekunden, als ich zwei Serpentinen auslief, die man schneiden hätte können- Glück hatte ich bei Minute 45, als ich, auch aufgrund fehlender Markierung, zu weit nach rechts kam, und gerade noch den rechten Pfad erspähte (dieser befand sich freilich links). Diese Episode kostete mich weitere 15 sec. Nach vorne hin hatte ich gegen den stark laufenden Oqubit keine Chance, der Vorsprung auf Padua und Anthamatten war zwar geschrumpft, aber doch beruhigend. Somit gewann Oqubit in starken 57.41, ich wurde sicherer Zweiter (und verbesserte meine Bestzeit aus dem Vorjahr um 22 sec)- den letzten Podestplatz sicherte sich schließlich der junge Kolumbianer Antonio Padua.
Siegerehrung (Foto: W. Stinn)
500 Finisher allein im Hauptlauf bedeuten eine gute Teilnehmerzahl, aber der Matterhornlauf wird, wie bereits erwähnt, 2013 nicht mehr stattfinden.
Nach dem Lauf wurde gegrillt (ich gönnte mir ein Pouletspiesschen), auf der Terrasse gab es, vor herrlicher Kulisse, Livemusik, lediglich ein eisiger Wind- er hatte bereits auf den letzten zehn Rennminuten für starken Gegenwind gesorgt- war so ungemütlich, dass er mich mit den drei Scotties Laura, David und Marco, mit denen ich die Veranstaltung ausklingen ließ, vom Freien in die Stube trieb. Die heikle Frage, warum das an der gegenüberliegenden Talseite liegende Tal "Das verlorene Tal" heisst, blieb ungefragt. Wahrscheinlich wäre sie, selbst wäre sie gefragt geworden, unbeantwortet geblieben.
mit den Wahl-Zermattern Marco, Laura und David
Blick auf "Das verlorene Tal"
Hier ein paar Rennberichte:

aus der Schweiz
aus Deutschland (von laufreport.de mit historischem Rückblick zum Lauf)
aus Italien

Ergebnisse:

1. Berhane Oqubit ERI 57.41
2. Gerd Frick ITA 58.37 (1. persönliche Bestzeit 2012)
3. Antonio Padua COL 59.07
4. Martin Anthamatten SUI 59.34
5. James McMullan GBR 61.17

Frauen:
1. Daniela Gassmann SUI 70.17
2. Sarah Tunstall GBR 72.56
3. Conny Berchtold SUI 74.18

Mittwoch, 22. August 2012

Woche der Wahrheit

"Die Wahrheit ist wie eine Sandburg am Meer. Wehe, wenn die Flut kommt!" Und die Flut kommt. Bei diesem Zitat könnte es sich um die poetische Version des Falsifikationsprinzips von Karl Popper, gemäß dem in der Wissenschaft eine "alte" Theorie durch eine neue - bessere, umfassendere - falsifiziert wird, handeln. Damit ist einer Theorie eher der Status einer Hypothese als der einer Wahrheit zuzuschreiben.
Was für ein herrlicher Sommertag!
Für mich also ist die laufende Trainingswoche (W 34) eine Woche der Wahrheit. In den letzten Wochen haben verschiedene Eindrücke auf mich eingewirkt. Da war einmal der Zermatt Marathon, bei dem ich in der letzten Stunde fürchterlich eingebrochen bin- darauf hin hatte ich zu früh belastet, was ein muskuläres Problem mit sich brachte. Trotzdem gelang mir bei Marvejols-Mende meine wohl beste Saisonleistung. Im Anschluss an dieses Rennen erholte ich mich sehr schlecht, stand eine Woche später mit noch Muskelkater im Quadrizeps an der Startlinie zu einem Rennen der Berglauf-Italienmeisterschaft und lieferte prompt mein schlechtestes Saisonrennen ab. Zu diesem Zeitpunkt stritten sich zwei einander widersprechende Stimmen in mir. Zum einen fühlte ich mich ausgelaugt, ich hatte müde Beine, einen erhöhten Ruhepuls und für ein paar Tage sogar Palpitationen- mental war ich ganz einfach wettkampfmüde und hatte keine Lust auf Belastungen. Zusätzlich war da noch der Sommer, der zu Freizeitunternehmungen ins Freie lud. Andererseits suchte ich nach einem Wettkampfziel für die kommenden Monate.
Schließlich entschied ich mich für den Jungfrau Marathon als Saisonziel- wie bereits 2007- damals erreichte ich als Dritter das Ziel- wird heuer im Rahmen des JM die Berglauf Langdistanz-WM ausgetragen.
Da zum Zeitpunkt meiner Entscheidung nur noch sechs Wochen bis zum JM ausstanden, hieß es für mich, sofort ins marathonspezifische Training einzusteigen. Mitterweile habe ich drei harte und umfangreiche Trainingswochen hinter mir. Neben längeren Läufen standen Läufe im mittleren Tempo (um die 3.30/km) auf dem Programm- auf intensive Intervalle verzichtete ich. Zur Kräftigung lief ich auch viel im Gelände, ohne das für den JM notwendige Asphalttraining zu vernachlässigen. In den ersten beiden Wochen hatte ich- in der bereits angesprochenen Erschöpfungsphase- den Ruhepuls erhöht (um die 38), in den letzten Tagen hat er sich auf Werte von 32, 33 eingependelt.
Die laufende Woche soll mir Aufschluss darüber geben, wo ich stehe. Ich fahre den Umfang deutlich auf 100 km herunter und versuche mit zwei Intervall-Einheiten die Beine lockerer und spritziger zu bekommen. Am Sonntag steht dann entweder ein Test-Wettkampf oder Trainingslauf auf dem Programm.
Dass in diesen Tagen an der Adria unzählige Sandburgen von Kindern gebaut werden, darauf kann man Gift nehmen- wie auch darauf, dass sie von der Flut wieder weggespült werden.

Freitag, 10. August 2012

Harakiri Berglauf

Mayrhofen im Zillertal war am 5. August zum vierten Male Austragungsort eines Laufes zum Berglauf Grand Prix. Und wieder hatte Andreas Tomaselli ein Weltklassefeld zusammengestellt.
Nach der Athletenpräsentation verweilte ich am Samstagabend noch ein wenig im "Brück'n Stadl": Discomusik und Bier sorgten für Entspannung. Damit verpasste ich das 10.000m Finale der Männer in London, konnte aber in Ruhe auf eine trainingsintensive Woche mit Marco De Gasperi- er war zu Besuch bei mir in Davos- zurückblicken. Eine Anekdote, die mir lange in Erinnerung bleiben wird, kam am Montag zustande- dem Tag nach der Italienmeisterschaft-, als wir einen Langen von Bormio nach Livigno absolvierten. Noch angeschlagen vom Vortag ereilte mich nach knapp zwei Stunden eine Hungerkrise- ein Riegel rettete mich, sodass ich die drei steilen km zum Passo Eira wenigstens noch mit einer Wanderung abschließen konnte.
kurz vor dem Start
In Mayrhofen gab es den erwarteten Doppel-Sieg der Eritreer Weldemariam und Kidane Habtom, die Italiener Abate und Baldaccini liefen stark, wie bereits die gesamte Saison, Markus Hohenwarter und Simon Lechleitner fighteten um den Titel des schnellsten Österreichers, mein Landsmann Thomas Niederegger zeigte eine brave Leistung. Bei mir gab es eine leichte Besserung zur Vorwoche, im Steilen war ich aber immer noch kraftlos und damit aus der Schwächephase noch nicht heraus. Bemerkenswert ist schließlich die Glanzleistung der Vorarlbergerin Sabine Reiner- sie siegte mit neuem Streckenrekord.
Vor der Siegerehrung schauten wir uns noch den spannenden Frauen-Marathon von London an- aus italienischer Sicht gab es den erfreulichen 8. Rang durch Valeria Straneo.

Ergebnisse Harakiri Berglauf, 5. August:
1. Azerya Weldemariam ERI 52.02
2. Abraham Kidane Habtom ERI 52.05
3. Isaac Kosgei KEN 52.40
4. Gabriele Abate ITA 53.22
5. Jonathan Wyatt NZL 53.25
6. Alex Baldaccini ITA 53.50
7. Thomas Lokomwa KEN 54.31
8. Anders Kleist SWE 54.44
9. Markus Hohenwarter AUT 55.06
10. Simon Lechleitner AUT 55.07
11. Thomas Niederegger ITA 55.16
12. Julien Rancon FRA 55.55
13. Adam Kovacs HUN 56.17
14. Gerd Frick ITA 56.31
15. Anton Palzer GER 56.56
16. Emanuele Manzi ITA 57.43

Frauen:
1. Sabine Reiner AUT 61.20 (Streckenrekord)

Donnerstag, 2. August 2012

Berglauf Italienmeisterschaft Adrara San Martino

auf dem letzten km (www.corsainmontagna.it-Marica)
Nach 2004 und 2008 war Adrara San Martino, an einem Südhang nördlich der Poebene oberhalb von Bergamo, nahe am Lago Iseo gelegen, auch dieses Jahr Schauplatz einer Berglauf Italienmeisterschaft.
Um "entenlose diskusionen" zu vermeiden, diesmal eine Kurzversion der Renngeschichte. Zweimal war ich in Adrara bereits gestartet, zweimal mit Streckenführung und Hitze überhaupt nicht zurecht gekommen. Dieses Jahr erging es mir- mit noch müden Beinen von Marvejols-Mende- nicht anders. Bereits vom Beginn des Rennens an war ich in Schwierigkeiten, konnte kein Tempo entwickeln und litt unter der großen Hitze. Letztendlich kam ich mit einem schon fast unfassbaren Rückstand ins Ziel.
Am 5. August geht es, nach einer doch harten Trainingswoche, weiter mit dem Berglauf-Weltcup in Mayrhofen/Zillertal. Anschließend gibt es Aufbautraining mit kaum noch Wettkämpfen.

Ergebnisse:
1. Bernard Dematteis 43.00
2. Marco De Gasperi 43.16
3. Gabriele Abate 43.40
4. Alex Baldaccini
5. Tommaso Vaccina
6. Antonio Toninelli
...
18. Gerd Frick 47.50

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