Dienstag, 19. Juni 2012

Neirivue-Moleson

Der im Kanton Fribourg ausgetragene Klassiker erlebte dieses Jahr seine 33. Auflage. Viele große Namen zieren die Ergebnislisten des Rennens, Ausnahmeathlet Jonathan Wyatt hält seit 2006 den Streckenrekord, 2002 wurden am Moleson die Schweizer Berglaufmeisterschaften durchgeführt.
Neirivue
Für mich war bereits die Anreise suggestiv, je näher ich dem nahe am Genfer See im Saanetal gelegenen Dörfchen Neirivue kam, desto mediterraner wurde die Stimmung. Als ich mir nach dem Abendessen im Auberge du Lion d'Or mit ein paar Schritten die Füße vertrat, hörte ich keine Löwen brüllen, auch nicht goldene, sondern das Schellen von Kuhglocken, während meine Nase frisch gemähtes Heu vermeldete. Vom Sportlichen her fand ich meine Ausgangslage nach zwei Tagen Bettruhe wenig aussichtsreich- respiratorisch war ich mit verschleimten Bronchien und Nebenhöhlen ziemlich eingeschränkt.
das Streckenprofil
Der Lauf auf den Moleson führt über 10,6 km, dabei sind 1290 Plus- und 100 Minusmeter zu überwinden. Die ersten knapp vier Kilometer steigen auf einer Asphaltstraße nur mäßig, dann kommen zwei steile Kilometer auf einem befestigten Weg, es folgt eine technisch anspruchsvolle, wellige single-trail-Passage von 2,5 km. Über eine Scharte von 2 km und mit 500 Höhenmetern gelangt man schließlich auf den Moleson- der letzte km ist teilweise so technisch, dass ein Laufen gar nicht mehr möglich ist. Übrigens ist die Strecke ganzjährig beschildert.
Der Start erfolgte 2012 erstmals am Nachmittag, genau gesagt um 16.00 Uhr! Ein heißer Mitt-Junitag hatte den Asphalt des ersten Streckenteils und die Felsen der zweiten Hälfte bereits gehörig aufgewärmt. Als also der Startschuss fiel, hatte ich mich mit 3 Litern Wasser vorhydriert. Georges Bourrier zerriss mit einer Folge von Tempoverschärfungen das Feld, der Kolumbianer Saul Antonio Padua und der aus Portugal stammende Cesar Costa schlossen immer wieder auf.
die Steigung beginnt...
Ich sah meine einzige Chance in einem Start mit geringer Intensität und folgte, rhythmisch laufend, mit einem Abstand von 5-10 sec. Nach etwa fünf Kilometern, auf steilerem Terrain, wuchs mein Rückstand allmählich an, Bourrier fiel zurück und ich schloss langsam auf, ohne aber zu überholen. Ich wollte mir Kraft für eine Schlussoffensive aufsparen. Zu Beginn der single-trail-Passage hatten Bourrier und ich 30 sec Rückstand auf das Führungsduo, aber über eineinhalb Minuten Vorsprung auf den Fünften. Da unterlief mir mein erster großer taktischer Fehler des Jahres: Ich ließ den aggressiv laufenden Bourrier vor mir in den single-trail, der Franzose hatte große Mühe mit den technischen Passagen, verlor viel Zeit, lief aber 10 Minuten lang Kampflinie. Zu meinem Schrecken war unser Rückstand in besagter Passage um eineinhalb Minuten auf 2 Minuten angewachsen! Und, schlimmer noch, Kletterspezialist Vaudan war von hinten bis auf 30 sec herangekommen. 2 km vor dem Ziel kam ich endlich an Bourrier vorbei und lief den vorletzten, sehr steilen km mit gutem Tempo. 800 m vor dem Ziel hechtete Vaudan an mir vorbei, auf den Gehpassagen ließ ich noch viel Zeit liegen. Hinter dem eine Talentprobe abgebenden jungen Kolumbianer Padua, Costa und Vaudan lief ich also als Vierter am Moleson ein. Für ihre Mühen wurden die Läufer mit einem herrlichen Ausblick ins Tal belohnt.
Unter den 472 Finishern waren gar einige Scott-Mitarbeiter, so auch der Running Product Manager David Borrmann selbst- mit dem Moleson erklommen sie quasi ihren Hausberg. Damensiegerin Monika Fürholz zeigte eine starke Leistung und kam auf ausgezeichnete 72.11.

im Ziel am Moleson
Ergebnisse Neirivue-Moleson 2012:
1. Saul Antonio Padua 61.36
2. Cesar Costa 62.22
3. Emmanuel Vaudan 64.51
4. Gerd Frick 65.46
5. Georges Bourrier 67.31


Blick auf Bulle und Gruyere mit dem Lac du Gruyere
Für 2013 nehme ich mir vor, nach dem Besuch eines Französisch-Kurses wieder nach Neirivue zu kommen.  Meine Bestellung einer Pasta mit Tomatensauce vier Stunden vor dem Rennen hatte ich nämlich in derart brilliantem Französisch vorgenommen, dass ich beinahe ein Hähnchen mit einem Glas Rotwein bekommen hätte.

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